Äffchen faber.

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Nussknacker vom Dienst

Wie professionelle Gewichtheber: Bei einer Freilandstudie in Brasilien verblüffen Rückenstreifen-Kapuziner mit ihrem Gespür für das richtige Werkzeug auf der Nahrungssuche. Selbst zierliche Weibchen stemmen ansehnliche Gesteinsbrocken.

Von Diemut Klärner

11. Dezember 2010

Rückenstreifen-Kapuziner sind Experten für das Knacken harter Nüsse. Zum täglichen Brot dieser südamerikanischen Affen gehören Palmensamen, die in einer ebenso stabilen Schale stecken wie die härtesten Nüsse, die im afrikanischen Urwald den Speiseplan von Schimpansen bereichern. Allerdings sind die Kapuzineraffen mit dem wissenschaftlichen Namen Cebus libidinosus viel kleiner als diese Menschenaffen. Je nach Geschlecht erreichen erwachsene Tiere nur zwei bis vier Kilogramm. Dennoch stemmen selbst zierliche Weibchen ansehnliche Gesteinsbrocken, wollen sie widerspenstige Nussschalen zertrümmern. Nicht selten mehr als ein Kilogramm schwer, müssen solche Werkzeuge mit beiden Händen ergriffen werden.

Dabei agieren die Affen verblüffend ähnlich wie professionelle Gewichtheber. Zunächst aber wägen sie ganz genau ab, welche Nuss sie in Angriff nehmen und welchen Stein sie als Nussknacker einsetzen. Wie geschickt sie ihren Arbeitsaufwand minimieren, entdeckten unlängst Wissenschaftler um Dorothy M. Fragaszy von der University of Georgia in Athens und Eduardo B. Ottoni von der Universität von São Paulo bei einer Freilandstudie im Nordosten von Brasilien.

Die Affen wiegen kaum doppelt so viel wie das potentielle Werkzeug

Als Forschungsobjekte dienten Rückenstreifen-Kapuziner, die in den Trockenwäldern einer Fazenda frei umherstreifen, sich aber längst an neugierige Beobachter gewöhnt haben. Sie haben auch gelernt, an welcher Stelle immer wieder mal Palmnüsse für sie bereitliegen. Deshalb schauten sie dort häufig vorbei und bearbeiteten die Funde dann ungeniert direkt vor den Augen der Forscher. Wenn sie unter verschiedenartigen Nüsse wählen konnten, bevorzugten sie stets die leichter zu knackenden (“Animal Behaviour“, Bd. 80, S. 205). Dass die Auswahl nicht einfach Geschmacksache war, belegten halbierte Früchte einer besonders hartschaligen Palme: Sie waren weitaus beliebter als die unversehrten.

Als Nussknacker dienten nicht nur unterschiedlich große Steine. Aus Kunstharz und Bleikügelchen wurden außerdem künstliche Steine fabriziert, die bei identischer Form und Größe unterschiedlich schwer gewesen sind. Wenn die Kapuzineraffen vor ihrem traditionell als Amboss benutzten Baumstamm solche Objekte finden, prüfen sie sorgsam deren Eignung als Werkzeug. Um das Angebot abzuwägen, stemmen sie die Kunststeine nicht etwa probeweise in die Höhe. Da die Affen mitunter kaum doppelt so viel wiegen wie das potentielle Werkzeug, wäre diese Methode wohl zu kräftezehrend. Stattdessen werden die Kunststeine mit den Händen betastet, ein wenig zur Seite gerollt und außerdem oft auch regelrecht auf ihre Tauglichkeit abgeklopft. Bei dieser Prüftechnik, mit der die Rückenstreifen-Kapuziner auch gern nach fetten Maden in morschem Holz fahnden, werden nicht nur die Finger genutzt. Bisweilen verwenden die Affen auch eine Nuss als Werkzeug, um die als Nussknacker in Frage kommenden Objekte damit abzuklopfen.

Selbst wenn einer der Kunststeine nur um ein Drittel schwerer war als der andere, gelang es den Affen fast immer, den gewichtigeren zuverlässig herauszufinden – womit sie Menschen deutlich überlegen waren. Wenn die Testpersonen die fraglichen Objekte aufheben und in der Hand wiegen durften, erkannten sie allerdings noch viel geringere Gewichtsunterschiede.

~ von Panther Ray - Dezember 11, 2010.

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